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Militaristische Gedenkstätte als bleibende Hinterlassenschaft?

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9 Jahre 9 Monate her - 9 Jahre 9 Monate her #9927 von Rosenbaum
** This thread discusses the content article: Militaristische Gedenkstätte als bleibende Hinterlassenschaft? **


Einer der neu aufgestellten Gedenksteine im Roselies-Baugebiet


Einige bisher nur abgeschirmt auf Kasernengelände lagernde Garnisons-Gedenksteine sollten auf Wunsch des Vereins "Ehrenhain der Traditionsgemeinschaft der Garnison Braunschweig"
in das neugeschaffene Roselies-Baugebiet integriert werden.

Um den sensiblen Punkt einer unkritischen Traditionspflege wurde im Rat der Stadt gestritten und schließlich ein Kompromiß-Antrag der Grünen beschlossen, wo es heißt: "Dabei soll insbesondere die Rolle der Garnisonseinheiten der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, aber beispielhaft auch die Funktion des Militärs während des deutschen Kolonialismus kritisch betrachtet werden."

Aus diesem Ratsbeschluß machte die Verwaltung, es solle
"in angemessener Weise auf die lange Geschichte des Garnisonsstandorts Braunschweig aber auch auf die Folgen und Hintergründe von Kriegseinsätzen der jeweiligen Einheiten in einzelnen historischen Zusammenhängen eingegangen" werden.

Folge dieser kleinen Manipulation des Rats-Auftrages: Anwohner des Baugebietes sehen sich nun schon seit einigen Monaten mit einer Gedenkstätte "beglückt", die von Husarenregiment und preussischer Traditionspflege über Deutsche Schutztruppe Deutsch-Südwest bis zu Panzerverbänden der Wehrmacht im 2. Weltkrieg reicht - ohne Darstellung des damit verbundenen Militarismus, des Kolonialismus und - vor allem - der Gräuel des Faschismus.

Seit dem vergangenen teuren  Victoria-Luise-Jahr zu 1913/2013, gewidmet der Kaisertocher, die sich vor dem 1. Weltkrieg gern in Husaren-Uniform mit Totenkopf-Emblem präsentierte (siehe "UNSER-BRAUNSCHWEIG" Nr.9), scheiden sich in Braunschweig die Geister in der geschichtlichen Aufarbeitung von Militarismus und Kriegsschuld.

Daher fällt es schwer, bei der hier neu errichteten, faktischen Weihestätte für Militarismus und Krieg an ein großes Mißverständnis zu glauben.
Letzte Änderung: 9 Jahre 9 Monate her von Rosenbaum.

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9 Jahre 9 Monate her - 9 Jahre 9 Monate her #9932 von Rosenbaum
Mit eigenmächtigem militaristischem Gehabe begann seine Amtszeit im Jahre 2001 mit einem Bittbrief zur Patenschaft für ein Kriegsschiff an das Verteidigungsministerium und so endet nun die Amtszeit von Hoffmann in wenigen Tagen.

Wir erinnern uns, wie Hoffmann der Stadt BS zur Korvette Braunschweig verhalf?

Dazu schrieb ich seinerzeit:

Leider traurige Wahrheit, wie respektlos vor allem mit den Ratsgremien umgesprungen wurde.
Hoffmann hatte sich als quasi erste Amtshandlung 2001 angemasst, ohne den Ratsgremien davon ein Sterbenswörtchen zu sagen, beim Verteidigungsministerium die Patenschaft für ein Kriegsschiff zu erlangen.

Erst Jahre später (2004) informierte der OB den Verwaltungsausschuss über seine Eigenmächtigkeit.

Nach Einzug der BIBS im Rat wurde nachgehakt, auch eine Bürgeranfrage dazu brachte Hoffmann in Rage. Alles sei richtig gelaufen, er allein - der Oberbürgermeister - sei zuständig für Namensvergabe und Wappen der Stadt.
Nun schreibt die Kommunalaufsicht zur Frage der Zuständigkeit mit Brief vom 17.4.2008:
Zitat:


Für die Ausstattung eines Kriegsschiffes mit Namen und Wappen der Stadt "liegt die Zuständigkeit ... nicht beim Hauptverwaltungsbeamten. Vielmehr ist, da weder die Zuständigkeit des Rates noch die des Bürgermeisters gegeben ist, der Verwaltungsausschuss ... zur Entscheidung berufen", so lautet die Antwort der Rechtsaufsicht des Innenministeriums vom 17.04.2008.

Es war also eigenmächtig und eine Überschreitung der Kompetenzen des frisch gewählten Oberbürgermeisters Hoffmann, ohne Wissen und Genehmigung der zuständigen Rats-Gremien Ende 2001 die Patenschaft für die Korvette von der Bundesregierung zu erbitten.

Die Politik der vollendeten Tatsachen wirft ein Zwielicht auf die Patenschaft.
Die anmassende Politik der Person Hoffmanns schädigt obendrein das Amt des Oberbürgermeisters.

Die zuständigen Ratsgremien und Parteien sind aufgerufen, sich den nötigen Respekt zu verschaffen. board.bs-netz.com/viewtopic.php?p=7279#7279


Stolz auf allen Weltmeeren

Zwar wurde es bald still um die Korvette, weil sich das Schiff als Pannen-Schiff erwies, aber das ahnte man zur Schiffstaufe 2006 noch nicht und so verkündete Hoffmann seinen Stolz, dass das Wappen Braunschweigs nun wieder auf allen Weltmeeren präsent sein werde.

Diese beiden Momentaufnahmen - zu Beginn 2001 und dem Ende 2014 der Amtszeit von Hoffmann - verbindet eine ganze Kette von eigenmächtigen Weichenstellungen, die das Stadtbild umkrempeln sollten: da wären zu nennen;

- die Förderung der kleinen Gruppe zur "Rückkehr der Reiterstandbilder" vor die Schlossfassade, (übrigens war einer der damaligen Mitstreiter für die Fürsten-Denkmäler der CDU-Ex Staatssekretät Hagebölling, der ja nun auch wieder als einer der drei Besteller der Medaillen-Ehrung für Hoffmann genannt wurde),

- eine Fülle von Verträgen zur Stadtgestaltung mit der Borek-Stiftung,

- die Förderung der Quadriga-Installation sowie

- fragwürdige geschichtliche Huldigungen vom "Kaiser Otto Jahr" bis zum Jubiläum der Hochzeit von Kaiser-Tochter Victoria-Luise im Jahre 2013.

Immer wurde getrickst und in Gutsherren-Manier die Öffentlichkeit wie auch oftmals die Gremien hinters Licht geführt.


Braunschweig: liebenswürdig und offen, statt militaristisch und autokratisch

Fast immer wurden die heimlichen Weichenstellungen der Öffentlichkeit erst nach einer Vielzahl von Akteneinsichten bekannt - gegen den Willen des scheidenden Oberbürgermeisters.

Nicht vergessen sind auch die Auftrittverbote gegen den Kabarettisten Hartmut El Kurdi.

Höchste Zeit, dass sich Braunschweig von den düsteren Identitäten der Vergangenheit wieder frei macht und stattdessen an seine aufgeklärten Momente orientiert sowie an seine weltoffenen, kreativen Vorbilder anknüpft. [/size]
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9 Jahre 9 Monate her - 9 Jahre 9 Monate her #9948 von Redaktion
Die Redaktion wurde auf einen Beitrag von Dietrich Küssner, Historiker und ehemaliger Pfarrer, zum belgischen Ort "Roselies" aufmerksam gemacht, wo zu Beginn des Ersten Weltkrieges ein braunschweiger Regiment an Kriegsverbrechen beteiligt war.

Das rückt den Ehrenhain für die verschiedenen Regimenter im Roselies-Baugebiet ins Zwielicht.
Hier einige Auszüge aus der Schrift von Dietrich Küssner:

...als deutsche Truppen Anfang August das neutrale Nachbarland Belgien überfielen und die Wahnvorstellung hatten, sie könnten durch ein neutrales Land unbehelligt durchmarschieren, um zum strategischen Ausgangspunkt ihrer eigentlichen Aggression, die belgisch-französische Grenze, zu kommen.
Die Einwohner wehrten sich begreiflicherweise und eröffneten das Feuer auf die Aggressoren. Das wurde von den deutschen Truppen als Bandentätigkeit ausgelegt. Franctireurs lautete das Schlagwort für diese verständliche Abwehr der überfallenen Bevölkerung.

Unter den einrückenden Soldaten gehörte auch das Infanterieregiment 92 aus Braunschweig.
Im bereits zitierten Vaterländischen Kriegsgedenkbuch befindet sich im ersten Heft auf S. 23 eine
Abbildung eines Gemäldes von Prof. v. Eschwege mit dem Titel „Feuertaufe des Braunschweiger
Infanterie-Regimentes Nr. 92 - Straßenkampf in Roselies.“

Dazu folgende Tatbeschreibung eines Beteiligten:
„Alle Häuser mussten gewaltsam erbrochen werden, es entspann sich im Innern ein wütender Kampf mit Kolben und Bajonett und da man mancher Hausbesatzung nicht habhaft werden konnte, weil die Verteidiger sich auf dem Boden versammelt hatten, so griff man zu dem einzig
wirksamen Mittel in solchem Fall, man zündete die Häuser an. Bald stand dann die Dorfstraße an vielen Stellen in Flammen“.24
„Wir wurden in mehrere Dörfern von den Einwohnern beschossen. Diese Dörfer wurden gleich an allen Ecken angesteckt, die Bewohner, die geschossen hatten, abgemurkst,“ berichtete ein Gemeindemitglied an seinen Pfarrer Wilhelm Gagelmann in Lutter a.B.25

Gustav Schmidt aus Bündheim dichtete nach einem ähnlichen Vorfall in der drittgrößten Stadt Belgiens Charleroi:
„Das deutsche Blut, das hier hat fließen müssen/
schreit nach gerechter Rache,
nicht nach Flintenschüssen/
Ein Flammenmeer die ganze Stadt hüllt ein/
Das ist des Deutschen Blutes Rache Widerschein“.

bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/gesch/mit_gott.pdf


Die Fragen werden lauter: Was ritt die Verantwortlichen im Braunschweiger Rathaus, einem "Ehrenhain" für die Regimenter im Roselies-Baugebiet errichten zu lassen?[/size]
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9 Jahre 8 Monate her - 9 Jahre 8 Monate her #9955 von Rosenbaum
Ein Beitrag auf Braunschweig Spiegel vom 1.7. ("Ehre wem keine Ehre gebührt...") stellt einige Zusammenhänge auch zur aktuellen Fürstenverehrung her, wofür sich der gerade ausgeschiedene OB Hoffmann in einem "Rechenschaftsbericht 2001-2014" noch rühmt, er habe mit den "großen Kulturprojekten" Otto IV und 1913 (Huldigung der Kaisertochter Victoria-Luise) "die Braunschweigische Identität" gestärkt.

Militarismus als Kern der Braunschweigischen Identität: Die Kaisertochter Victoria-Luise in Braunschweigischer Husarenuniform vor hundert Jahren



Anfrage zur Ratssitzung am 15.7.2014

Anfrage
Datum 02.07.2014
Nummer 3067/14

Absender Fraktion BIBS
Platz der Deutschen Einheit 1
38100 Braunschweig

Adressat
Oberbürgermeister Ulrich Markurth
Platz der Deutschen Einheit 1
38100 Braunschweig

Sitzungstermin Rat 15.07.2014
Betreff / Beschlussvorschlag
Wofür steht „Roselies“?

Im Rahmen der Aufarbeitung zum Ersten Weltkrieg vor 100 Jahren veröffentlichte der Braunschweig-Spiegel einen Beitrag zur Bedeutung des Namens „Roselies“ (siehe Anlage) .

Der Name Roselies steht demnach nicht mehr nur für ein freundlich-beschauliches Wohngebiet in Braunschweig, sondern zuvorderst für bedrückende Kriegsverbrechen in der Belgischen Kleinstadt Roselies.

Wir fragen:

1. Waren der Verwaltung bei der Namensgebung für die zwei Neubaugebiete "Roselies Quartier" und "Roselies-Süd" diese Rückbezüge auf die Gräueltaten unter Beteiligung des Braunschweigischen 92. Infantrieregiments in der Belgischen Kleinstadt im 1. Weltkrieg bekannt?

2. Wurde zur Aufarbeitung dieser Vorgänge jemals in den letzten hundert Jahren der Kontakt mit der Stadt Roselies und ihren Bürgerinnen und Bürgern in Belgien gesucht?

3. Die dritte Teilfrage dazu stellte der Autor des Artikels im Braunschweig-Spiegel: "Ein Gedenkstein mit Hain für die Täter - das Vergessen für die Opfer, was haben Stadtverwaltung und Oberbürgermeister sich dabei wohl gedacht?"
Gez. Peter Rosenbaum
BIBS-Fraktion

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9 Jahre 8 Monate her #9957 von bruno
So mancher denkt ja immer noch irrigerweise, der Name "Roselies" ginge auf den Namen eines Offiziers oder einer Frau eines Offiziers zurück.

Nun ein erneutes böses Erwachen in der Braunschweigischen Gedenkkultur: es war also ausgerechnet das Husaren-Traditions-Regiment, welches quasi die ersten Schüsse des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren abgab und Belgische Zivilisten "abgemurkst" hat.

Hier dazu mal der Gefechtskalender, der die ersten Kriegstage des Braunschweigischen IR 92 beleuchtet:

Braunschweigisches Infanterie-Regiment Nr. 92

Am 31. Juli 1914, nachmittags um 5 Uhr, kam ein Halbzug vom Infanterie-Regiment 92 vom Kohlmarkt aus anmarschiert, hielt an der Straßenkreuzung; kurzer Trommelwirbel und ein Offizier verlas die „Erklärung des Kriegszustandes“.
Am Sonnabend, dem 01. August, nachmittags um 5 Uhr 15 Minuten ordnete der Kaiser die Mobilmachung aller Streitkräfte der Armee und der Marine an. Das IR 92 wurde auf Kriegsstärke gebracht und in der Nacht vom 06. auf den 07. August auf dem Braunschweigischen Hauptbahnhof in mehrere Züge verladen. Nach ca. 30stündiger Fahrt wurden die Kompanien unweit der belgischen Grenze am Fuße des Hohen Venn ausgeladen. Am 09. August begann der Vormarsch der verstärkten 40. Infanterie-Brigade in westliche Richtung. Nach anstrengenden Märschen erreichten die Truppen am 21. August die Sambre östlich Charleroi.

Regiments- und Gefechtskalender

1914

22.-24.08 – Schlacht bei Namur Roselies (östlich Charleroi), Devant les Bois (südöstlich Charleroi), Oret (südöstlich Charleroi)
28.-30.08 – Schlacht bei St. Quentin | Audigny
06.-09.09 – Schlacht an der Marne | Congy – Talus St. Prix (nördlich Sèzanne)
12.09.-12.10 – Kämpfe bei Reims | Courcy – Bétheny – Bourgogne – Prunay
13.10.-31.12 – Stellungskampf bei Conde sur Suippe an der Aisne Steinbruch Barry au Bac – Courcy – Fresnes | nördlich Reims

[...]

Quellenangabe:
Gechichte des Braunschweigischen Infanterie-Regiments Nr. 92 im Weltkriege 1914-1918,
von Friedrich von Sobbe, Verlag Tradition W. Kolk, 1929
Die Braunschweiger im Weltkriege 1914-1918, Vaterländisches Kriegsgedenkbuch, Braunschweig 1920

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9 Jahre 8 Monate her - 9 Jahre 8 Monate her #9960 von bruno

Roselies galt als die „Feuertaufe“ für das Braunschweigische 92.Infantrieregiment.

Dazu folgende Tatbeschreibung eines Beteiligten:

„Alle Häuser mussten gewaltsam erbrochen werden, es entspann sich im Innern ein wütender Kampf mit Kolben und Bajonett und da man mancher Hausbesatzung nicht habhaft werden konnte, weil die Verteidiger sich auf dem Boden versammelt hatten, so griff man zu dem einzig wirksamen Mittel in solchem Fall, man zündete die Häuser an. Bald stand dann die Dorfstraße an vielen Stellen in Flammen“(Quelle: wie oben Dietrich Küssners Homepage Kirche von unten
bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/gesch/mit_gott.pdf )


Belgien war neutral, aber was kümmerte das die kaiserlichen Truppen? In Roselies wurden sie von zornigen Belgiern beschossen und rächten sich mit einem Gemetzel, bei dem zahlreiche Einwohner getötet oder verletzt wurden.

Besonders aktiv waren die Soldaten des 92. Braunschweigischen Infanterieregiments, die daraufhin den Anspruch erhoben, die erste Schlacht dieses mörderischen Krieges geschlagen zu haben.

Hitlers Wehrmacht setzte die Tradition fort, indem man 24 Jahre später, im Jahre 1938 in Braunschweig die neu erbaute Kaserne im Südosten der Stadt nach Roselies benannten.

Da stellt sich doch die Frage, warum man in Braunschweig zum Thema "Roselies" so lange so nichtsahnend und gleichgültig war?
Letzte Änderung: 9 Jahre 8 Monate her von bruno.

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