Text Size

Elternkontrolle: Vorsorge - oder Gefahr?

  • Ulenspiegel
  • Ulenspiegels Avatar Autor
  • Besucher
  • Besucher
14 Jahre 4 Monate her #211 von Ulenspiegel
Landesregierung will Eltern zu Vorsorgeterminen verpflichten
Ein dazu vorgesehenes Gesetz soll angeblich den "Kinderschutz verbessern"

Kinder, d.h. eigentlich deren Eltern oder Erziehungsberechtigten, die nicht an
Früherkennungsuntersuchungen teilnehmen, sollen künftig den kommunalen Kinder- und Jugendhilfen gemeldet werden.

Das Gesetz zur "Förderung und Verbesserung des Kinderschutzes" in Niedersachsen, das zum 1. April 2010 in Kraft treten soll, soll diesen "Kinderschutz" ermöglichen.

Wirklich mehr Kinderschutz?
Es bleibt dabei die Frage nach der tatsächlichen und konkreten Wirkung, die diese reflexartige Entscheidung der Landesregierung nach sich ziehen wird.

Was wird geschehen, wenn ein Vorsorgetermin (amtlich verordnet!) ansteht und Eltern bzw. Erziehungsberechtigte eventuell ihrem Kind Schaden zugefügt haben, der dann am Termin wirklich offen zutage treten würde?
Denken wir hier, dass diese misshandelnden Eltern den Termin wahrnehmen würden? Mitnichten, denn das tut gerade diese Elterngruppe ohnehin schon heute nicht. Von daher könnte sich bereits heute das Jugendamt mit diesen Eltern in Verbindung setzen, denn jede Geburt wird ja behördlich erfasst, auch jetzt schon. Also könnte das Jugendamt oder Sozialarbeiter sowie Familienbetreuer schon heute diese oft offensichtlich mit sich selbst und den Kindern überforderten Eltern beraten und Hilfe anbieten, ohne gleich mit einem Pflichtgesetz-Hammer aufzuwarten.

Stattdessen aber möchte man unbedingt ein verpflichtendes Gesetz einbringen, d.h. die Eltern damit energischst unter Druck setzen, als sei der dort herrschende innerfamiliäre Druck nicht schon entsetzlich und bedrohlich genug?!

Was folgt nach dem Versäumen des anberaumten Erst-Vorsorge-Termins?
Nun, man macht die Eltern ausfindig, schreibt sie an und fordert sie auf, einen zweiten Termin wahrzunehmen, denn die Behörde möchte damit ja ausräumen, dass die "fürsorglicheren" Eltern sich nicht gleich verdächtigt fühlen, ihre Kinder zu misshandeln, weil sie eventuell einfach nur den Termin vergessen oder verpasst haben, nicht wahr?!

Generalverdacht an Braunschweigs Familien
Von daher kann ich mir nicht vorstellen, dass wie Ulrich Markurth in einer Braunschweiger Ratssitzung erklärte, vorgesehen ist, dass generell alle in Verdacht kommen, ihre Kinder zu misshandeln und deshalb Braunschweigs Stadtväter alle, auch unbescholtene gemeldete Braunschweiger Familien durch einen Sozialarbeiter des Fachbereiches Kinder, Jugend und Familie aufsuchen werden, um eine Generalbefragung der Eltern über die versäumten Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen.

Verschlimmbesserung
Sobald aber die zweite Aufforderung ins Haus flattert oder die Heimsuchung der Behörden ansteht, wird zweifelsfrei in einer Familie, die ihre Kinder aufgrund der Überforderung misshandelt hat, der Druck so immens, dass die Gefahr besteht, dass einige dieser oft aus Affekt handelnden Eltern zu drastischeren Mitteln greifen, um dem Zugriff durch das Jugendamt und damit einer Verurteilung zu entgehen, d.h. die Situation könnte durchaus eskalieren.

Möglicherweise könnten darauf hin die betroffenen Kinder irgendwo versteckt, zu Verwandten in Urlaub verschickt werden oder gar gänzlich verschwinden, nur damit die verantwortlichen Eltern erst einmal Zeit gewinnen, einer Bestrafung zu entgehen. Wäre das nicht fatal und kann man das wirklich besseren "Kinderschutz" - Schutz des Kindes - nennen?

Und wie will das Jugendamt feststellen, ob hier eine Misshandlung vorliegt, wenn das Kind bei Aufsuchung der Familie gar nicht anwesend ist? Es wird einen weiteren Termin verhandeln müssen, eventuell auch mit polizeilicher Unterstützung drohen, was die Sache nochmals verschlimmert. Letztendlich wird zwischen den Terminen auch Zeit verstreichen, während dieser dann die blauen Flecken verblassen und mögliche Anhaltspunkte und Indizien nicht mehr feststellbar sind. Hat man damit also grundsätzlich alle Misshandlungen vermieden?

Ich meine "Nein!", denn jegliche durch diese gesetzliche Zwangsregelung initiierte etwaige stärkere und längerfristige Gefährdung des Kindes, wäre nicht zu verantworten, solange es ja noch andere Mittel gibt, Misshandlungen zu unterbinden.

Weshalb also Kontrollen, die die Lage sogar noch verstärken können?
Es geht um pure Symbolpolitik, denke ich. Man möchte wieder Opium fürs Volk, es gilt zu beruhigen, weil ansonsten die mangelnde Arbeit unserer Behörden in Kritik geraten könnte. Die mangelnde Pflichterfüllung seitens vieler Behörden jedoch, ergibt sich aus den personellen und finanziellen Sparmaßnahmen, darum tauchen kaum Familienberater oder Sozialarbeiter bei gefährdeten Familien oder in Schulen auf. Sie fehlen schlichtweg infolge der Sparpolitik.

Mit dem Gesetz wird es ebenfalls notwendig sein, mehr Personal zu stellen, um diese Kontrollen durchführen zu können, aber fragt man sich, weshalb erst mit einem Zwangsgesetz plötzlich mehr Personal eingestellt werden soll, wie Markurth ebenfalls während der Ratssitzung angedeutet hat.

Verhältnismäßigkeit gegeben?
Beschlossen hatte das Gesetz der niedersächsische Landtag am 28. Oktober diesen Jahres, nachdem der Tod des zweijährigen Kevin in Bremen bekannt wurde. Die Fälle von Kindesmisshandlung nehmen zwar leicht zu, weil offensichtlich sozial, gesellschaftlich und hinsichtlich Bildung und Zukunftsperspektive viele Eltern völlig überfordert sind. Aber sie sind nicht wirklich ein brennendes Problem in Deutschland, so dass man dazu jetzt noch ein Gesetz dieser zwanghaften Art dazu bräuchte. Die Fälle von Kindesmisshandlungen haben übrigens kaum zugenommen, und liegen im 0,2%igen Bereich,wie die Fallbeispiele zeigen.

Siehe hier > de.wikipedia.org/wiki/Kindesmisshandlung

Man hat sich noch nicht mal die Mühe gemacht, aktuelle Daten zu sammeln und zu erfassen. Die Zahlen stammen meist aus den Jahren 2003 bis 2005. Zeigt das nicht geradezu, dass man sich gar nicht an Fakten halten möchte.

Zu einem besseren Kinderschutz würde vielmehr ausreichen, wenn das heutige Jugendamt mehr Personal und Mittel bekäme, um schlicht und einfach nur seine Arbeit machen zu können.


Überforderung - auf beiden
Seiten des Schreibtischs


Dazu kommt die zunehmende gesellschaftliche Kinderfeindlichkeit, wie zahlreiche Nachbarschaftsklagen gegen Kinderspielplätze und -tagesstätten zeigen.

Um der Ruhe willen, wird also Zwang auf diverse schuldige, aber auch unschuldige Familien (also alle!) ausgeübt mit dieem reinen Aktionismus-Programm, was ohnehin passt zum allgemeinen CDU-Trend der Volksüberwachung auf allen Ebenen. Es wird auf öffentlichen Plätzen überwacht, es wird auf der Arbeit überwacht, am PC, auf dem Konto, über die Krankenversicherungen, am Telefon, über Handy, politisch überwacht und nun auch im engsten intimsten Bereich der Familie.

Kinderschutz kann anders aussehen
Es gibt weitaus demokratischere und effizientere Methoden, verbessernd für den Schutz aller Kinder tätig zu werden.

Dazu müsste eine bessere Zusammenarbeit, d.h. moderne Vernetzung von Aktionen stattfinden, in der Sozialdezernenten Hebammen, Gynäkologen und Kinderärzte zusammenarbeiten und allen Schwangeren, Eltern, Müttern, Vätern und auch Großeltern sowie Familien einfach vor der Geburt eines Kindes ganz selbstverständlich und freiwillig - aber kostenlos! - Beratungen und auch individuell auf die Familiensituation ihre Unterstützung anbieten.

Auch bereits in der Früherziehung und in unseren Schulen müssten uns Menschen oder jetzt unseren Kindern bereits Fähigkeiten wie soziales Engagement, Lebens- und Erziehungskompetenzen gefördert und vermittelt werden. Das findet jedoch nicht statt. Erziehung kann offenbar ein jeder hier in unserer Gesellschaft, da braucht's keine erlernte Fähigkeit und keinen Befähigungsschein wie bspw. beim Autofahren.

So würde in unserer heranwachsenden Gesellschaft eine Erziehungskompetenz bereits früh erworben und würde mit Sicherheit die eine oder andere Überforderung verhindern, weil man Erziehungswerkzeuge und -hilfsmittel mit auf den Lebensweg erhalten hat.

Aber so wird nur an Symphtomen herumexperimentiert, nicht an den Ursachen und nebenbei hat man auch noch propagandistische Untermauerung für das Erweitern eines Kontrollstaates, der seine Bürger ausspäht - auf jeder Ebene...

erkennt Ulenspiegel

Bitte Anmelden oder Registrieren um der Konversation beizutreten.

  • Ulenspiegel
  • Ulenspiegels Avatar Autor
  • Besucher
  • Besucher
14 Jahre 4 Monate her #274 von Ulenspiegel
Jugendämter und Ärzte werden mit Meldeverfahren Kindesmissbrauch nicht verhindern
Um Kindesmissbrauch besser bekämpfen zu können, haben sich die Jugendämter in und um Hannover sowie das Kinderkrankenhaus auf der Bult auf ein standardisiertes Meldeverfahren geeinigt. Auch Braunschweig liebäugelt mit dem Meldeverfahren zwecks Elternkontrolle. Eine entsprechende Vereinbarung haben die Hannoveraner Ämter und Ärzte am Dienstag in Hannover unterschrieben. Die Vereinbarung soll ab 2010 gelten. Jugendamt wie Ärzte verpflichten sich darin, sich gegenseitig Verdachtsfälle bei seelischem oder körperlichem Missbrauch sofort zu melden.
(Info-Quelle: Altmark-Zeitung )

Kindesmissbrauch wird nicht verhindert
Purer Aktionismus, muss jeder hier erkennen, dem an einer echten Unterbindung von Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch liegt, denn die beteiligten Akteure, die jetzt Eltern melden wollen, geben dabei unumwunden zu:

«Wir werden Kindesmissbrauch nicht verhindern können, aber wir können dafür sorgen, dass das Leid der Kinder verkürzt wird»

- so Hannovers Jugenddezernent Thomas Walter.

Gefahren dieser Aktion
Weder Misshandlung noch Missbrauch können durch diese Pflichtmeldung verhindert werden, eher im Gegenteil.
Wie bereits oben im vorangegangenen Beitrag beschrieben, könnte diese Zwangsmaßnahme zu noch schlimmeren Resultaten führen und damit vielleicht - so zynisch das klingen mag, zwar sehr wohl die "Leidenszeit dieser Kinder" verkürzen, aber dies wohl mit dem Ergebnis, dass Kinder eventuell eher zu Tode kommen, weil die verdächtigten Eltern keinerlei Aussicht mehr sehen, der Strafbarkeit zu entgehen. Das bedenkt man offenbar bei solchen kaum wirksamen Aktionen überhaupt nicht.

Was dazu im Gegensatz getan werden könnte, ist bereits im vorgestellten Beitrag ansatzweise geschildert...

erinnert Ulenspiegel

Bitte Anmelden oder Registrieren um der Konversation beizutreten.

Ladezeit der Seite: 0.153 Sekunden

Suche

Forum

  • Keine Beiträge vorhanden.