Privatisierung und Sparzwang: Kommunale Bürgermeister und Ratsleute schaffen sich selbst ab
Braunschweig/Berlin - Bald ist es geschafft! Privatisierung und Sparzwang haben den Neoliberalen von Schwarz-Gelb in vielen deutschen Städten und Kommunen einen Erfolg sondersgleichen beschert. Bürokratieabbau pur, wird es zukünftig geben. Ganz so, wie von Schwarz-Gelb geplant. Neben vielen Sparmaßnahmen im sozialen als auch im Bildungsbereich tritt nun schlaglochartig nach diesem harten Winter auch das Flickwerk der Sparmaßnahmn in der lokalen Infrastruktur zu Tage.
Braunschweig privat - beim Winterdienst
Selten so viel Bürgerliche Teilhabe
Auch in Braunschweig können Schwarz-Gelb und der dortige Oberbürgermeister auf diese sichtbaren Erfolge verweisen. Die Privatisierung von Pflichtaufgaben in den Bereichen Entsorgung, Winterdienste und Abwasser als auch bei der Stromversorgung haben den Bürgern nicht nur reichlich Gebühren sondern auch den Privatunternehmen reichliche Gewinne beschert.
Lokale Demokratie in Gefahr
Zwar sind nach Einschätzung des Städte- und Gemeindebundes die deutschen Städte und Kommunen mehrheitlich in der schwersten Finanzkrise seit Gründung der Bundesrepublik und man sieht nun auch die lokale Demokratie in Gefahr, aber Braunschweig scheint damit keine Probleme zu haben. Folgen für das Gemeinwohl und die Gefährdung lokaler Demokratie sieht man bislang im Braunschweiger Rathaus nicht. "Ich war noch nie ein Freund von direkter Demokratie", äußerte sich dazu der Braunschweiger Oberbürgermeister, "und wo keine Demokratie ist, kann sie ja schlecht gefährdet sein. Bereits bei Amtsantritt habe ich Braunschweig rechtzeitig auf diese schwere Krise vorbereitet und in diese geführt."
Breitensport kommt breiter Mehrheit zu gute
Wegen der Haushaltslage können viele deutsche Kommunen nur noch ihre Pflichtaufgaben erfüllen und hätten kaum noch Entscheidungsspielräume, sagte der Präsident des deutschen Städte- und Gemeindebundes, Roland Schäfer.
Braunschweiger Projekt: Golf als Breitensport auf die Straße - aus Schlaglöcher das Beste machen
Das trifft auf Braunschweig nur bedingt zu, man spart zwar bei Sozialprojekten, Räum- und Winterdiensten als auch bei der Straßensanierung einiges ein, dies käme dann aber dem Breitensport zu gute, dem man ein sehr schönes Stadion ausbauen möchte. Da Fußball quasi jedem zugute käme, so der Oberbürgermeister, auch dem Hartz-IVer, sei der Ausbau des Eintrachtstadions ein geradezu soziales Großprojekt und gehe sogar weit über die Pflichtaufgaben der Stadt hinaus. Darüber hinaus beabsichtige man, das Beste aus dieser Krise zu machen und nun auch den geplanten Golfplatz als Breitensport-Event auf die Straße zu bringen. Nutzbare Schlaglöcher habe man ja derzeit reichlich."
Rat und Bürgermeister mehr und mehr überflüssig
"Da viele überschuldete Gemeinden unter der Aufsicht von Behörden stünden, seien Bürgermeister und Räte seien mehr und mehr überflüssig", meint hingegen der Städte- udn Gemeindebund und sieht deshalb die lokale Demokratie im besonderen Maße gefährdet. Und immer mehr Bürger bekommen die leeren Kassen auch zu spüren. Schlaglöcher werden nicht mehr repariert, Schulen und öffentliche Gebäude verfallen, Theater und Hallenbad werden teurer. Auch der gesetzlich festgeschriebene Ausbau der Kita-Plätze für unter Dreijährige ist gefährdet.
Allein die Sozialausgaben belasteten die kommunalen Haushalte in diesem Jahr mit über 41 Milliarden Euro, sagte Schäfer. Vor zehn Jahren seien es noch 26 Milliarden Euro gewesen. Diese Entwicklung dränge die Kommunen an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. "Die Gemeindefinanzkommission muss zügig ein Entlastungskonzept vorlegen", forderte Schäfer.
Eine in dieser Situation von der FDP geforderte Abschaffung der Gewerbesteuer - der wichtigsten Einnahmequelle der Kommunen - lehnte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes ab. Aber als zusätzliche Maßnahme sei denkbar, bestimmte Projekte wie etwa Schwimm- und Spaßbäder über einen Zuschlag bei der Einkommensteuer zu finanzieren.
"Durch die Finanzlage haben die gewählten Ratsmitglieder nichts mehr zu entscheiden", sagte auch der Bürgermeister von Bergkamen in Nordrhein-Westfalen. "Das ist das Ende von lokaler Demokratie, wenn man überhaupt keine Spielräume mehr hat." "Braunschweig habe damit kaum ein Problem." so der Braunschweiger Oberbürgermeister. "Wir schaffen uns selbst ab und sparen uns so etwas wie Rat und politisches Handeln auf Bürgerkosten. Nächstes Jahr werde ich mich auf meinen Gifhorner Landsitz zurück ziehen und dabei auf meine Lorbeeren blicken können, die ich ernten konnte. Da mögen andere sehen, wie sie die Braunschweiger durch die aktuelle Vorbereitung von Krisen steuern. Ich habe meine Schuldigkeit getan."
Braunschweiger "Opposition" wittert einzige Chance
Dies scheint auch derzeit die einzige Hoffnung für die so genannte "Braunschweiger Opposition". "Wenn durch die Privatisierung und Sparzwang Ratsleute und Bürgermeister zunehmend überflüssig werden, dann könnte sich daraus auch ein kleiner hoffnungsvoller Sieg für die Braunschweiger Opposition ergeben. "Dann könne man auch auf diese Weise gleich den regierenden Oberbürgermeister los werden", freuen sich wie toll die Oppositionsparteien.
Quelle:
Pressemitteilung des Städte- und Gemeindebundes vom 28.12.2010 zur Bilanz 2010