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Was kommt nach dem Moratorium?

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13 Jahre 4 Wochen her - 13 Jahre 4 Wochen her #4319 von Frau Mundvoll
Die CDU geführte Bundesregierung hat jetzt festgelegt, dass zumindest für die Dauer der Überprüfung, sieben ältere Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden sol-
len. Was aber kommt danach?

Die Wahlen in NRW und besonders im Ländle des atombegeisterten Ministerpräsidenten Mappus zeigten, dass die Mehrheit der Bevölkerung den Vorhaben der jetzigen Bundesregierung in Schwarzgelb keinesfalls traut.



Um ihre Pro-Atom-Pläne besser durchzusetzen, verteilt nun die CDU unter allen Mitgliedern und unter den vor die Presse tretenden Vertretern eine Art "Argumentationspapier" mit vorgeschriebenen Standardantworten, die man Atomgegnern entgegen schwafeln kann.

Darin heißt es:

"Es ist jedoch nicht allein das Alter der Anlagen entscheidend, sondern ihre Sicherheit. Der "Umfang" der getroffenen Nachrüstungsmaßnahmen spielt dabei eine entscheidende Rolle..."

Allerdings hat sich auch die CDU mit den Energiekonzernen dahingehend verständigt, dass ältere AKWs kürzere Laufzeitverlängerungszeiten erhielten: also sah auch sie einen Zusammenhang und Unterschied zwischen veralteter Technik und kürzeren Laufzeiten. Dies wird jedoch derzeit von Schwarzgelb geleugnet.

Einige Absätze später heißt es dann auch recht widersprüchlich:

"ImAtomgesetz wird übrigens bewusst zwischen älteren – also Errichtung bis 1980 – und jüngeren Anlagen unterschieden. ..."


Also doch!

Und weiter:

"An diese gesetzgeberische Wertung knüpfen die Anordnungsmaßnahmen für die unterschiedliche Behandlung der Überprüfungenan. Es ist geradezu paradox, eine Überprüfung vorzunehmen, wenn das Ergebnis derselben schon im Vorhinein feststeht."


Das wirkliche Paradoxon aber ist, dass die CDU ihre sichersten AKW aus deutschen Landen vor Japan für sicher und für die besten hielt und sich nach Japan nun selbst in ihrem Urteil nicht mehr so sicher ist. Wenn das kein Beleg für Unsicherheit, Mangel in Urteilskraft und Verunsicherung schlechthin ist?

Dann heißt es:

"Der Ausfall der Kühlsysteme im Kernkraftwerk Fukushima hat jetzt eine bisher so nicht voraussehbare Kettenreaktion
ausgelöst und Japan an den Rand einer nuklearen Katastrophe gebracht, deren Auswirkungen noch nicht absehbar sind.
Deshalb wurde der Beschluss zur maßvollen Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke vom vergangenen Herbst für drei Monate ausgesetzt. In dieser Zeit sollen alle deutschen Kernkraftwerke einer erneuten Sicherheitsüberprüfung unter Einschluss aller bisher nicht für menschenmöglich erachteten Umstände unterzogen werden. Ältere Reaktoren, die vor dem Ende des Jahres 1980 in Betrieb gegangen sind, werden während dieses Zeitraums vom Netz genommen. Dieses Vorgehen erfolgt in Abstimmung mit den Regierungen in den Bundesländern, in denen sich Kernkraftwerke befinden..."


Opposition sieht CDU als Gemecker

"... Sigmar Gabriel und JürgenTrittin meckern: "DieCDU-geführte Bundesregierung habe angesichts der bevorstehenden
Wahlen in mehreren Bundesländern einen parteitaktisch motivierten „Wahlkampftrick“ eingeleitet. (dpa am15.3.2011;tazam16.3.2011)
Der Grüne Jürgen Trittin wirft Bundesminister Norbert Röttgen vor, er „tue so, als sei Deutschland von den Vorgängen in Japan völlig unberührt“ (dpa, 14.3.2011), Bundeskanzlerin Angela Merkel wolle „mit einem unklaren Moratorium über die Landtagswahlen kommen“. (dpa,14.3.2011)

Claudia Roth drängt sich der Eindruck auf, „dass dieses jetzt sehr schnell verhängte und zeitlich befristete Moratorium im
Zusammenhang mit der politischen Situation vor den
Landtagswahlen“ stehe. (AugsburgerAllgemeine,15.3.2011)..."


Spinnt die Mehrheit?

62 % der Bürger in einer Umfrage vor der Wahl sahen dies genau so und misstrauen auch nach der Wahl den Ankündigungen der Bundesregierung, AKWs wirklich abschalten zu wollen.

Dann zählt das CDU-Argumentationspapier Fakten auf:

Zum Wohle des Volkes nun nochmals "neu nachdenken"?

"Fakt ist:
DieCDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, und die
Bundesminister ihres Kabinetts haben zu Beginn ihrer Amtszeit geschworen, ihre „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes“ zu widmen und „Schaden von ihm [zu] wenden“. Mit der Entscheidung, die Nutzung der Kernenergie in Deutschland unvoreingenommen neu zu bedenken und die bis zum Unglück in Japan als vollkommen sicher eingestuften deutschen Kernkraftwerke mit
den gewonnenen Erkenntnissen einer erneuten Prüfung zu unterziehen, nehmen sie ihre politische Verantwortung wahr und kommen ihrer „äußersten Fürsorgepflicht nach“, so der
Stellvertretende CDU-Vorsitzende,Bundesumweltminister Norbert Röttgen."


Da sich an der innerdeutschen Sicherheitslage der deutschen AKWs auch seit Fukushima nichts geändert hat, fragt man sich, wo Frau Merkels diensteidliche Fürsorgeverpflichtung vor den Ereignissen von Fukushima war? Und wo war die versierte Physikern bei den vorausgegangenen Bewertungen? Der Mehrheit der von dieser angeblich so Pflichtschuldigen Kanzlerin regierten Bevölkerung war die Nähe von Atomkraftwerken bisher nicht geheuer.

"Die Grünen im Europaparlament haben dies
inzwischen begriffen: „Ich nehme Herrn Röttgen ab,
dass er aus Japan gelernt hat,“ sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, am Mittwoch in Brüssel.(dpa,16.3.2011)"...


Über seinen Eindruck von Merkels Absichten und Lernerfolgen sagte Cohn-Bendit jedoch kein Wort.

"Fakt ist:
Für die CDU ist die Kernenergie eine Technologie, die eine „Brücke“ aus der derzeitigen Form der Energieversorgung in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien bildet und eine gesicherte, bezahlbare und klimaschonende Energieversorgung erleichtert (siehe unter
anderem den Beschluss „Bewahrung der Schöpfung: Klima-, Umwelt- und Verbraucherschutz“ des 22. Parteitages der CDU Deutschlands am 1. Dezember 2008 in Stuttgart)..."


Vor allem der Passus "Bewahrung der Schöpfung" ist hier interessant. Aber um welche "Schöpfung" handelt es sich, um die göttliche oder die selbstgemachte? Angeblich hat auch erst die CDU die "dynamische Sicherheitssysteme" bei AKWs eingeführt.

"Die dynamische Sorgepflicht nach dem jeweils aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik ist also noch viel weitgehender als bisherige, eher statische Sicherungssysteme. Sie verpflichtet die Betreiber dazu, immer dann, wenn neue Erkenntnisse über die Sicherheitent stehen und zum Stand der Technik werden, automatisch nachzurüsten. ...“

(Arbeitspapier www.cdu.de/doc/pdfc/110316-Rot-Gruen-Kernkraft.pdf )

Weshalb ist seit 9/11 und den Terroranschlägen auf das WTC in deutschen AKWs dann noch keinerlei Nachrüstung der Sicherheitssysteme erfolgt?
Weshalb laufen auch 8 alte Meiler immer noch ohne dementsprechende "dynamische" Sicherheitsnachrüstung?
Weshalb hat die CDU dann noch nichts getan, gefordert oder durchgesetzt?

Paragraph 19 des Atomgesetzes

Paragraph 19 des Atomgesetzes, der den zuständigen Aufsichtsbehörden in Ziffer drei des dritten Absatzes das Recht gibt, Kernkraftwerke vorübergehend abzuschalten, wenn ein Zustand beseitigt werden muss, der den Vorschriften des Atomgesetzes oder einer Rechtsverordnung widerspricht. Doch glaubt man den Ausführungen der Regierung, die deutschen Kernkraftwerke seien die sichersten der Welt, so kann dies gar nicht sein.

Der "Geheimvertrag" erschwert den Ausstieg

Ob es zur dauerhaften Abschaltung von Kernkraftwerken aufgrund eines neuen Gesetzes kommt, ist auch noch aus einem anderen Grund unklar. Die Laufzeitverlängerung basiert ja auf einem Vertrag mit den Energieversorgern. Schon in der Präambel enthält dieses als Geheimvertrag kritisierte Papier die "Verpflichtung" der Bundesregierung, die Laufzeiten der Atomkraftwerke zu verlängern. Welche rechtlichen Konsequenzen für diese oder eine künftige Regierung hat, ist also unklar.

Echte Sicherheitsprüfungen - im Ernst?

Wie ernst die Sicherheitsüberprüfung zu nehmen ist, zeigt sich schon daran, dass ausgerechnet Gerald Hennenhöfer für die Sicherheitsüberprüfung der Atomkraftwerke zuständig sein wird. Unter Umweltministerin Merkel war Hennenhöfer bis 1998 bereits im Umweltministerium für Reaktorsicherheit zuständig, um danach dann zu Viag (heute E.on) zu wechseln. Dann beriet Hennenhöfer das Helmholtz-Zentrum München und soll dem Asse-Betreiber geraten haben, die Wassereinbrüche in dem Atommüllager zu vertuschen.
"Maßgeblich sind vom Betreiber darzulegende betriebswirtschaftliche Gründe. Sicherheitsfragen sind hingegen nicht maßgeblich", so Hennehöfer in einem Rechtsgutachten zur Strommengenübertragung.

Also, auf was können wir uns nach den 3 Monaten "Moratorium" wirklich einstellen?

Frau Mundvoll
Letzte Änderung: 13 Jahre 4 Wochen her von Frau Mundvoll.

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13 Jahre 4 Wochen her #4324 von Frau Mundvoll
Frischer Wind statt alter Muff
Dezentrale erneuerbare Energien - die Bausteine für einen gesellschaftlichen Konsens


Aktuell kursieren als alternativlos formulierte Konstrukte seitens der Regierungsparteien, in denen uns höhere Strompreise, unterirdische riesige Kohlenstoffspeicher und der Bau von Hochspannungs-Trassen quer durch Deutschland vorgestellt werden, wenn die Erneuerbaren forciert werden und die Atomkraftwerke abgeschaltet werden sollen.

Gesellschaftlicher Konsens

Plan der CDU ist offenbar, angeblich einen "großen gesellschaftlichen Konsens" (Bosdorf (CDU) auf phoenix "Unter den Linden") dahingehend zu schaffen, was ja erst einmal recht vernünftig klingt. Konsens bedeutet ja, dass alle einverstanden sind, alle mit am Tisch der Entscheidung auf Augenhöhe sitzen würden. Merkwürdig, von Konsens sprechen gleichzeitig auch die Grünen. Sie wollen z.B. beim Bau des Bahnhofs und sonstigen wichtigen Entscheidungen wie Erneuerbaren die Bürger mit einbeziehen, von Gemeinde zu Gemeinde zu entscheiden, wie der neue grüne Ministerpräsident der Grünen in Baden-Württemberg sagte.


Konsens-Suche?

Anders aber der so genannte gesellschaftliche Konsens der CDU. Die CDU erwartet bereits jetzt, dass nun die Kritiker von Hochspannungsmasten zu schweigen hätten, wenn man denn nun auf Erneuerbare umsteigen wolle. Zu den Kritikern zählt die CDU vor allem Parteimitglieder oder Wähler der Grünen. Dabei gibt es überall im Land parteiübergreifend Proteste gegen diese Hochspannungsmasten, z.B. in Salzgitter. Dort wehren sich die CDU zusammen mit Bürgern, Umweltschutzorganisationen, Bürgerinitiativen und Anhängern anderer Parteien gegen eine Trassenführung durch ihre Region gegen die Forcierung solcher Projekte der Bundes- oder niedersächsischen Landesregierung. In Thüringen wehren sich sogar FDP-Landräte gegen die Trassen. Wenn also jetzt getan wird, als seien nur Grüne gegen die Trassenführung, stimmt dies einfach so nicht. Der Protest ist parteiübergreifend, also keineswegs ideologisch.

Wieder mal alternativlos?

Stattdessen wird uns erneut eine Alternativlosigkeit hingestellt wie damals die "Stromlüge", wo uns Schwarzgelb täglich erzählte, wenn die Atomkraftwerke "abgeschaltet" würden, dann entstünde eine Stromlücke. Wie wir alle jetzt sehen, können gleich 8 Werke vom Netz genommen werden, ohne dass bei uns Stromengpässe entstehen oder das Licht ausgeht. Im Gegenteil, dass Deutschland sogar einen Stromüberschuss produziert, den wir ins Ausland verkaufen, wurde nie kommuniziert. Da das mit der Stromlüge bei einigen Wählern funktioniert hatte, will man uns nun erneute Lügen auftischen. Will uns vormachen, es ginge nur mit einem Hochspannungsnetz quer durch Deutschland, weil in Baden-Württemberg und Bayern Windkraft vernachlässigt wurde. Wie wäre es, wenn auch dort mal über Wind- und Solarkraft, Blockheizwerke etc. mal mehr investiert würde? Bereits jetzt, so berichtete gestern der Südwestfunk, würden Anträge auf Windkrafträder bei der baden-württembergischen Landesregierung eingehen. Endlich ist der Weg frei für frischen Wind im Ländle.

Gelassenheit auf der Wirtschaftsseite

Übrigens: Die Autokonzerne Volkswagen und Daimler, wichtig für unsere Region hier und die Baden-Württemberger, sehen hingegen nach einem Bericht der Wirtschaftswoche einem solchen Szenario gelassen entgegen. Auch die Pläne der Konzerne für einen höheren Anteil von Elektroautos müssten nicht geändert werden. "Bis die Elektromobilität in vollem Umfang auf unseren Straßen vertreten ist, werden wir auch alternative Energien haben, die aus erneuerbaren Quellen stammen", hieß es demnach bei VW. Daimler verwies darauf, dass sich der Strombedarf selbst beim Einsatz von einer Million Elektroautos nur um 0,3 Prozent erhöhen würde.
Auch Strompreiserhöhungen infolge eines schnellen Ausstiegs aus der Atomkraft wären zumindest für die Autoindustrie zu verkraften, hat das Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen nach Angaben der "Wirtschaftswoche" errechnet. Die Herstellung eines 20 000-Euro-Fahrzeugs würde sich demnach um 190 Euro verteuern, wenn der Strompreis um zehn Prozent steigt. Dies bedeute aber nicht automatisch, dass Autos langfristig teurer werden oder die Gewinne der Hersteller schrumpfen. "Höhere Strompreise würden die Hersteller zwingen, die Effizienz zu steigern", sagte Ferdinand Dudenhöffer, Autor der Studie, dem Magazin.( taz )

Der einzige, der von Atomkraftwerken und Ausbau des Hochspannungsnetzes mal wieder profitieren würde, wären die jetzigen vier Stromkonzerne.

Nicht nur VW und Daimler, sondern auch viele andere Unternehmen und Kleinbetriebe, d.h. auch der Mittelstand dürften gerade durch erneuerbare alternative Energien viele Vorteile erwarten können, wenn ein dezentrales wettberwerbsfähiges Energieangebot vor Ort und regional besteht. Das kann sich sehr kostengünstig auswirken. Damit wäre schon ein recht guter gesellschaftlicher Konsens auf dem Wege.

Frau Mundvoll

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