Nun liegt das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG Lüneburg) vom 24.9.2013 schriftlich vor.
Die klagenden BürgerInnen haben gewonnen wg. vielerlei Rechtswidrigkeiten in den Abwasserbescheiden (dazu vielleicht mal mündlich mehr).
Abwasserprivatisierung kein "Geschäft", sondern Kredite
Mit Spannung erwartet waren die Feststellungen des Gerichts zur Abwasserprivatisierung von 2005/2006, woraus die Stadt ja einen dicken Batzen ihres Geldsegens (und weiteren "Haushaltswunders") ableitete.
Das OVG stellt zu diesen Finanz-Transaktionen fest:
- zum 222-Millionen-Kredit des Abwasserverbandes: "...die Beklagte (Stadt) [hat] bei wirtschaftlicher Betrachtung überhaupt keine 222 Millionen € erzielt. Denn nach dem Kanalnutzungsvertrag muss die Beklagte (Stadt) die vom Abwasserverband geschuldeten jährlichen Tilgungs- und Zinszahlungen während der gesamten 30-jährigen Vertragszeit übernehmen, so dass ihr letztlich für die Verleihung des Nutzungsrechts keine Einnahmen verblieben sind." (OVG 24.9.13 Seite 22)
- und zu den Krediten für Neuinvestitionen:
"Bis zum Ende der Vertragslaufzeit im Jahr 2035 nimmt die Beklagte (Stadt) zwar keine eigenen Investitionen vor, gleichwohl ist sie in der Form des Kapitalkostenentgelts [...] maßgeblich an der Refinanzierung der von der Stadtentwässerung BS GmbH durchgeführten Investitionen beteiligt... wie bei der Fremdfinanzierung über Kredite ...." (Urteil OVG Lüneburg 24.9.2013 S. 26)
Die seinerzeit behaupteten und gebuchten "Einnahmen" aus der Abwasserprivatisierung werden vom Gericht als Verbindlichkeiten der Stadt gewertet!
Aber weder dieser Kredit von 222 Mio.€, noch die Fremdfinanzierung über Kredite bei den Neuinvestitionen finden bisher Berücksichtigung im städtischen Haushalt bzw. bei der Vorsorge der längerfristigen Finanzplanung!
Nun mag noch ersterer trickreicher Anfangs-Kredit über den Strohmann "Abwasserverband" als geschmackloser Buchungsstreit gesehen werden, der zur fragwürdigen (und von der BZ bereitwillig verbreiteten) Legende der Braunschweiger Schuldenfreiheit herbeigewundert wurde.
Das zweite Kreditgeschäft für die Neuinvestitionen hat dagegen weitreichendere Folgen. Denn diese kreditfinanzierten Investitionen hat die Stadt nach Ende des Vertrages mit veolia zu ersetzen ...
... und nirgendwo wurde bei der Stadt in den letzten 7 Jahren dafür (immerhin ein Zig-Millionen-Betrag) Vorsorge getroffen.
Der Noch-OB Hoffmann hatte bislang vor, im Jahre 2035 die dann auf einen Schlag fälligen Beträge von über 200 Mio.€ (seinerzeit 2005 von ihm gegenüber Grünen und SPD mitgeteilten Schätzungen) nochmals den Gebührenzahlern aufzuerlegen.
Hat irgendjemand Zweifel daran, dass ohne diese Klarstellungen im Urteil genau das passiert wäre?
Zum Urteil wird die BIBS mit den KlägerInnen einen ausführlichen Pressetermin ansetzen.[/size]