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BSer "Haushalts-Wunder" war "Milchmädchenrechnung"

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10 Jahre 5 Monate her - 10 Jahre 5 Monate her #9684 von Rosenbaum
Nun liegt das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG Lüneburg) vom 24.9.2013 schriftlich vor.

Die klagenden BürgerInnen haben gewonnen wg. vielerlei Rechtswidrigkeiten in den Abwasserbescheiden (dazu vielleicht mal mündlich mehr).

Abwasserprivatisierung kein "Geschäft", sondern Kredite


Mit Spannung erwartet waren die Feststellungen des Gerichts zur Abwasserprivatisierung von 2005/2006, woraus die Stadt ja einen dicken Batzen ihres Geldsegens (und weiteren "Haushaltswunders") ableitete.

Das OVG stellt zu diesen Finanz-Transaktionen fest:


- zum 222-Millionen-Kredit des Abwasserverbandes: "...die Beklagte (Stadt) [hat] bei wirtschaftlicher Betrachtung überhaupt keine 222 Millionen € erzielt. Denn nach dem Kanalnutzungsvertrag muss die Beklagte (Stadt) die vom Abwasserverband geschuldeten jährlichen Tilgungs- und Zinszahlungen während der gesamten 30-jährigen Vertragszeit übernehmen, so dass ihr letztlich für die Verleihung des Nutzungsrechts keine Einnahmen verblieben sind." (OVG 24.9.13 Seite 22)

- und zu den Krediten für Neuinvestitionen:

"Bis zum Ende der Vertragslaufzeit im Jahr 2035 nimmt die Beklagte (Stadt) zwar keine eigenen Investitionen vor, gleichwohl ist sie in der Form des Kapitalkostenentgelts [...] maßgeblich an der Refinanzierung der von der Stadtentwässerung BS GmbH durchgeführten Investitionen beteiligt... wie bei der Fremdfinanzierung über Kredite ...." (Urteil OVG Lüneburg 24.9.2013 S. 26)


Die seinerzeit behaupteten und gebuchten "Einnahmen" aus der Abwasserprivatisierung werden vom Gericht als Verbindlichkeiten der Stadt gewertet!

Aber weder dieser Kredit von 222 Mio.€, noch die Fremdfinanzierung über Kredite bei den Neuinvestitionen finden bisher Berücksichtigung im städtischen Haushalt bzw. bei der Vorsorge der längerfristigen Finanzplanung!

Nun mag noch ersterer trickreicher Anfangs-Kredit über den Strohmann "Abwasserverband" als geschmackloser Buchungsstreit gesehen werden, der zur fragwürdigen (und von der BZ bereitwillig verbreiteten) Legende der Braunschweiger Schuldenfreiheit herbeigewundert wurde.

Das zweite Kreditgeschäft für die Neuinvestitionen hat dagegen weitreichendere Folgen. Denn diese kreditfinanzierten Investitionen hat die Stadt nach Ende des Vertrages mit veolia zu ersetzen ...
... und nirgendwo wurde bei der Stadt in den letzten 7 Jahren dafür (immerhin ein Zig-Millionen-Betrag) Vorsorge getroffen.

Der Noch-OB Hoffmann hatte bislang vor, im Jahre 2035 die dann auf einen Schlag fälligen Beträge von über 200 Mio.€ (seinerzeit 2005 von ihm gegenüber Grünen und SPD mitgeteilten Schätzungen) nochmals den Gebührenzahlern aufzuerlegen.

Hat irgendjemand Zweifel daran, dass ohne diese Klarstellungen im Urteil genau das passiert wäre?

Zum Urteil wird die BIBS mit den KlägerInnen einen ausführlichen Pressetermin ansetzen.[/size]
Letzte Änderung: 10 Jahre 5 Monate her von Rosenbaum.

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10 Jahre 1 Monat her - 10 Jahre 4 Wochen her #9859 von Rosenbaum
Hatte - vorstehend berichtet - ja schon das Oberverwaltungsgericht Lüneburg für das Hoffmann´sche Abwassergeschäft den Begriff "Kredit" verwandt, so tut das nach einer entsprechenden Anfrage auch die Wirtschaftsberatungsgesellschaft BDO.

Mit Schreiben vom 2.4.2014 gibt der Finanzdezernent nach einigem Hin- und Her zuvor geschwärzter Seiten die offizielle BDO-Auffassung heraus, wonach ein im Zuge der Abwasserprivatisierung aufgenommener Kredit in Höhe von ursprünglich über 220 Mio.€ auch als "Verbindlichkeit" und sog. "kreditähnliches Rechtsgeschäft" - oder eben schlicht als Kredit darzustellen ist.

Bislang mochte man bei der Stadt das nur verklausuliert als "passiven Rechnungsabgrenzungsposten" (pRAP) zu umschreiben - wir erinnern uns... mit Schulden wollte der OB bekanntlich nichts zu tun haben.

Nun also die Nachricht, die BDO sehe das als "kreditähnliche Verpflichtung".

Na also, geht doch !

Letzte Änderung: 10 Jahre 4 Wochen her von Rosenbaum.

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9 Jahre 10 Monate her - 9 Jahre 10 Monate her #9953 von C_Mann
Wie neuere Nachfragen zu den Veolia-Verträgen ergaben, ist das Thema auch jetzt nach dem OVG-Urteil noch immer nicht so weit geklärt, dass man mit Sicherheit sämtliche Tücken des Privatisierungsgeschäftes - bzw. die daraus resultierenden Verlustquellen für die Stadt Braunschweig komplett erfasst hat...

Zu den Rückkaufwerten für die veräusserte Abwasserwirtschaft nach 30 Jahren Vertragslaufzeit gab es damals (einmalig, ohne erkennbares Insistieren auf eine präzisere Fassung) eine offizielle Antwort von G.Hoffmann auf Nachfrage der Grünen:
Ca. 215 Mio. Euro seien zum Vertragsende fällig (Zahl aus dem Gedächtnis)
Diese Summe beruhte verständlicherweise (man wollte ja keinesfalls das Vertrauen der Bürger in die Rathauspolitik untergraben...) auf den allervorsichtigsten Annahmen über die aufzunehmenden jährlichen Kreditsummen, die man
sich traute, im Vorfeld des "Ermächtigungsbeschlusses" gegenüber den Ratsmitgliedern zuzugeben.


Hier müsste in zweifacher Hinsicht nachgebessert werden, denn

1. es gibt aus den ersten 8 Jahren den tatsächlichen Erfahrungswert einer ungefähr doppelt so hohen jährlichen Kreditaufnahme, wie vorab angekündigt.

2. Zurückkaufen kann man nur das, was schon mal veräussert wurde, da könnte niemand Hoffmann einen Lügner nennen, wenn nach dreissig Jahren Veolia weitere, darüber hinaus gehende Summen verlangt...
Z.B. dafür, dass Veolia die Teilstücke des Kanalnetzes, die sie mit kreditfinanzierten Investitionen komplett erneuert haben, ggfs. im Falle einer Rekommunalisierung wieder herausrücken müsste, damit das Kanalnetz überhaupt wieder komplett in Eigenregie/ in seiner Gesamtheit betrieben werden kann.
Wer in der ganzen konstruierten Firmen-Gewirr derzeit formal Eigentümer der neuverlegten Kanalstücke ist, scheint mir im Moment ziemlich unerheblich - die Stadt Braunschweig ist es jedenfalls nicht!

Ein Schelm, wer denkt, dass dies ein sperrangelweit offenstehendes Scheunentor für die Gewinninteressen Veolias sei...
Weiss es doch seit langem jeder, der es wissen wollte - dass der Konzern darauf vertraute, dass ausser den eigenen Anwälten (und der mit der Geschäftsanbahnung befassten KPMG) niemand das Vertragswerk vollständig kennt.


C.M.
Letzte Änderung: 9 Jahre 10 Monate her von C_Mann.

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