Hallo,
ich habe Herrn Meyer zum Förderthema einen offenen Brief geschrieben. Er findet sich auf der Startseite von QF.de - alternativ natürlich auch hier:
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Sehr geehrter Herr Meyer,
Sie wissen, dass ich in der Sache “Fördermittel” seit Tagen versuche Sie zu erreichen. Zu einem so brisanten Thema sodann derart ausführlich zu schreiben ohne sich kontroverse Positionen zumindest anzuhören halte ich im günstigsten Fall für schlampigen Journalismus – im ungünstigsten Fall für die Aufgabe journalistischer Unabhängigkeit.
1) Zunächst behauptete der Oberbürgermeister in Ihrer Zeitung vor ca. einem Jahr, dass EU-Mittel fest zugesagt seien, und dass der Flughafenausbau ohne diese Mittel gar nicht finanzierbar sei.
2) Als diese Aussage (übrigens u.a. aus den Kreisen der Ausbaugegner!) widerlegt war, sagte der Erste Stadtrat Herr Lehmann vor ein paar Monaten (wiederum in Ihrer Zeitung), das sei alles kein Problem, denn man habe ja vorsichtshalber auch GA-Mittel beantragt – und die seien nun aber sehr fest zugesagt. Hat man an der Stelle eigentlich mehrfach Förderung für das gleiche Projekt beantragt? Und darf man das? Diese Frage ans Rathaus ist jedenfalls bis heute unbeantwortet.
3) Aber auch diese Aussage zu den Fördermitteln ist nicht haltbar. Mir liegt eine Mail aus der zuständigen Behörde vor. Die sagt aus, dass eben nicht GA-Mittel sondern GRW-Mittel beantragt wurden. Ich werde den Absender nur bei Ermittlungsbehörden ggfs. namentlich nennen, und versichere ansonsten das Vorliegen einer solchen Mail hiermit an Eides statt. Falls das jemand für gelogen hält kann er ja Strafanzeige erstatten
4) Beschäftigen wir uns also nicht mehr mit GA-Mitteln sondern mit GRW-Mitteln, – da ich den zuständigen Mitarbeitern vorerst in dieser Sache deutlich mehr Sachkunde zutraue als dem Ersten Stadtrat. Hier einige Links die dazu interessant sind:
4a) GRW-Mittel in Niedersachsen sind zum 31.3.2010 eingestellt:
www.ihk-startup.de
| Nachtrag 2010-09-01: Verfügbare Mittel
4b) Davon sind Maßnahmen zur Förderung der “wirtschaftsnahen Infrastruktur” nicht gleichlautend betroffen:
www.nbank.de
4c) Das Gesetz zu den GRW-Mitteln sagt aus – Zitat § 1(1)2: “investive Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur, soweit sie unmittelbar für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft erforderlich ist,”
www.nbank.de
Darüber ob das Avionic-Cluster UNMITTELBAR für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft erforderlich ist mag man streiten. Und ob in dem Cluster insbesondere die Startbahnverlängerung als majorisierender Hauptkostenfaktor UNMITTELBAR die Entwicklung der regionalen Wirtschaft erforderlich ist mag man auch in Frage stellen – oder halt nicht … Sie als Zeitung tun’s ja eher nicht
4d) Das Gesetz zu den GRW-Mitteln sagt aus – Zitat § 1(2): “Die in Absatz 1 genannten Förderungsmaßnahmen [Anm.: z.B. "wirtschaftsnahe Infrastruktur"] werden in Gebieten mit erheblichen wirtschaftlichen Strukturproblemen durchgeführt, insbesondere in Gebieten, in denen Regionalbeihilfen nach Artikel 87 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gewährt werden können.” (gleiche Quelle wie 4c)
Stellt sich also die Frage, ob Braunschweig so ein Gebiet ist. Das allerdings darf man bezweifeln, wenn man sich den vorgenannten Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ansieht- Zitat des den Artikel 87(3):
(3) Als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar können angesehen werden:
a) Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht;
b) Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats;
c) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;
d) Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;
e) sonstige Arten von Beihilfen, die der Rat durch eine Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission bestimmt.
Lediglich der (3)a dürfte in Sachen GRW-Gesetz einschlägig sein, denn dort ist lediglich von den hier beschriebenen GEBIETEN die Rede. Insofern dürfte der (3)c nicht zutreffen – der ansonsten als einziger überhaupt eine gewissen Chance auf Anwendung hätte.
4e) Im Anhang 14 zur GRW ist Braunschweig als sog. D-Fördergebiet benannt – und die gehören nicht zu den strukturschwachen Gebieten, wenn man genau hinguckt. Schnell einige Beispiele:
C-Fördergebiete in Nds.: Emden,Wilhelmshaven, Aurich u.s.w.
D-Fördergebiete in Nds.: Braunschweig, Gifhorn, Wolfenbüttel
4f) Nur um hier nicht unvollständig zu sein: Falls der Mitarbeiter der Stadt irrt – und der Erste Stadtrat Recht hat – und es doch GA-Mittel waren (siehe oben), dann gucken wir uns dazu die Regeln in den nächsten Tagen gern genauso ausführlich an. Sehr viel anders sind die übrigens nicht. Sagen Sie mir einfach Bescheid, wenn der Erste Stadtrat diese Meinung vertritt.
5) Bleibt die Frage nach dem vorzeitigen Maßnahmebeginn. Hierzu sagt der Teil II unter 1.2.1 auf Seite 14: “Die GRW-Mittel werden als Zuschüsse auf Antrag gewährt. Anträge müssen vor Beginn des Vorhabens bei einer zur Entgegennahme von Anträgen berechtigten Stelle34 gestellt werden. Anträge sind auf amtlichem Formular35 zu stellen. Die bewilligende Stelle muss vor Beginn des Investitionsvorhabens schriftlich bestätigen, dass die Fördervoraussetzungen vorbehaltlich einer detaillierten Prüfung dem Grunde nach erfüllt werden. Beginn des Vorhabens ist grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages.”
Man darf gespannt sein, was der Niedersächsische Rechnungshof zu der Frage herausfinden wird, – z.B. wann Antrag gestellt und wann er genehmigut wurde, – und wann Lieferverträge abgeschlossen wurden u.s.w.
Man darf gespannt sein, ob sich die Konstruktionen und Interpretationen zu diesem Themanicht doch noch als etwas zu waghalsig herausstellen. Ich bin jedenfalls gespannt was Fachleute zu diesen ganzen Fragen sagen werden – aber eines ist gewiss:
Auf rechtlich sicheren Füßen steht das ganze Thema auf keinen Fall.
Ich wiederhole zum Schluß mein Statement vom Anfang: Ich halte Ihr Vorgehen für extrem schlampigen Journalismus sofern es die Zeitung betrifft – und ich halte das Vorgehen der Politiker für einen äusserst fahrlässigen Umgang mit öffentlichem Geld.
Ich zitiere hierzu Ihren Artikel: “habe es mehrfach Zusagen früherer Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister gegeben…” … Wie naiv ist das denn? Wie “sicher” solche Aussagen sind hat Ihre Zeitung in Verbindung mit dem Thema Schacht Konrad noch vor ein paar Tagen selbst dargestellt.
Ich möchte nun wissen: WAS GENAU hat WER GENAU WANN GENAU beantragt und beauftragt- und jeweils BEI WEM? Und dass diese Fragen die Zeitung offenbar nicht genauso sehr interessieren stimmt mich traurig. In solche Vorgänge Transparenz hineinzubringen ist eine elementare Begründung der Pressefreiheit.
Lieber Herr Meyer, da Sie mich ja nicht zurückrufen künftig also in offenen Briefen … mir soll es recht sein …
Mit freundlichen Grüßen,
Klaus Marwede
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Ich bin nicht sicher ob das etwas bringen wird - aber den Eindruck dass der Druck steigt haben ja derzeit einige - die auf verschiedenen Wegen unterwegs sind um doch noch ein Einlenken zu schaffen.
Interessant mal zu lesen:
www.newsclick.de/index.jsp/menuid/472005/artid/12858718
... da geht es um den Stuttgarter Bahnhof und ein Braunschweiger Architekt sagt, das könne man vielleicht selbst jetzt noch stoppen.
VG Klaus M.
www.querumer-forst.de