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Totenkopf-Husaren in Roselies: Pardon wurde nicht gegeben

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9 Jahre 9 Monate her #9982 von Heiner
Hallo Rosenbaum,
vielen Dank für die weitere sehr aufschussreiche Recherche zum Thema Roselies!
Ich finde jedoch deine Formulierung: "Der Deutsche Kaiser und das Braunschweiger Herzogpaar Ernst-August und Victoria-Luise hatten ihren Elite-Regimentern, darunter dem Husaren-Regiment 92 aus Braunschweig hartes Durchgreifen und kurzen Prozeß mit der Zivilbevölkerung verordnet." bedenklich.
Natürlich trug letztendlich der Kaiser die politische Verantwortung für die Maßnahmen des deutschen Militärs, auch wenn er sie nicht persönlich angeordnet haben sollte (oder vielleicht doch hat?)Hat er nun oder hat er nicht?
Aber wo ist der Hinweis, dass Ernst-August und Victoria-Luise diese Maßnahmen persönlich angeordnet hatten dokumentiert? Auch ihre politische Verantwortung für die Braunschweiger Truppen steht außer Frage.
Aber kann man behaupten, Sie hätten es angeordnet, ohne Beweise dafür zu erbringen?
So läuft man Historikern, die gern etwas anderes behaupten wollen, ins offene Messer.
Bitte sauberer formulieren!
Ansonsten beste Grüße!

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9 Jahre 9 Monate her #9983 von Heiner
Man muss dabei wieder an das allgemeine Problem in der Geschichtsverarbeitung denken:
Ein Mensch hat einen Erlass verfasst und unterzeichnet, er beruft sich hinterher auf "Befehlsnotstand. Er habe schließlich nur getan, was ihm befohlen worden sei".
Wer den Befehl letztlich gegeben hat, ist meist nicht mehr konkret nachzuvollziehen,weil er entweder nur mündlich/telefonisch übermittelt wurde oder aber die Unterlagen verschwunden sind. So versuchen die Verantwortlichen sich immer aus der Affäre zu ziehen.

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9 Jahre 9 Monate her - 9 Jahre 9 Monate her #9985 von Rosenbaum
Heiner schrieb:

Hallo Rosenbaum,
... finde jedoch deine Formulierung: "Der Deutsche Kaiser und das Braunschweiger Herzogpaar Ernst-August und Victoria-Luise hatten ihren Elite-Regimentern, darunter dem Husaren-Regiment 92 aus Braunschweig hartes Durchgreifen und kurzen Prozeß mit der Zivilbevölkerung verordnet." bedenklich.
...
Aber wo ist der Hinweis, dass Ernst-August und Victoria-Luise diese Maßnahmen persönlich angeordnet hatten dokumentiert?


Hallo Heiner,

Dass die deutsche Kriegsstrategie kompromisslos und schonungslos über Belgien hinweggehen sollte und dass den angreifenden Truppenverbänden eingeschärft worden ist, rücksichtslos vorzugehen, ergibt sich aus den oben zitierten Kriegstagebüchern (herausgegeben Neueste Nachrichten Braunschweig, Lauer und Co. Braunschweig, 1914-1919), so die oben ausgeführte Depesche vom 15. August 1914 gegen die Zivilbevölkerung.

Das Braunschweiger Herzogpaar und speziell Victoria-Luise verkörperte als Chefin des Husaren-Regiments das Symbol der Totenkopfverbände (Totenkopf über gekreuzten Knochen), deren Botschaft lautete "Pardon wird nicht gegeben" (siehe: UNSER-BRAUNSCHWEIG Nr. 9, Mai 2012, S.5)
Dazu bedurfte es keines explizierten Befehls an die Truppe, massakriert in Belgien die Zivilbevölkerung.

Gemäß dieser Einstimmung und Botschaft sind die Regimenter vorgegangen und dieses Vorgehen wurde übrigens im Jahre 1915 gebillig, indem in Roselies auch noch ein steinernes EhrenDenkmal mit in Stein gemeißeltem Totenkopf vom Herzogpaar Ernst-August und Victoria-Luise gesetzt wurde:

(Denkmal bei Roselies vom Fürstenpaar)
Letzte Änderung: 9 Jahre 9 Monate her von Rosenbaum.

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9 Jahre 9 Monate her - 9 Jahre 9 Monate her #9986 von Heiner
Lieber Rosenbaum,
danke für deine Antwort, aber sie entkräftet meine Befürchtungen nicht.
Wohlgemerkt, es geht mir nicht darum, deutsche Kriegsverbrechen zu relativieren oder kleiner zu reden oder die Verantwortlichen zu entlasten. Es geht mir darum, deine Argumentation auf festere Füße zu stellen!
Aber deine Schlussfolgerungen laufen etwa so:
„Die deutsche Führung wollte ein kompromissloses Vorgehen auch gegen die Zivilbevölkerung“ - „Victoria- Luise gehörte auch zur deutschen Führung“ - ergo: „Victoria- Luise wollte ein kompromissloses Vorgehen auch gegen die Zivilbevölkerung“.
„Viktoria-Luise trug das Totenkopf-Abzeichen“ - „Am Ehrenmal in Roselies von 1915 ist auch das Totenkopf-Abzeichen“ - ergo: „Victoria-Luise ist verantwortlich für Roselies“.
Diese Argumentation drückt zwar aus, wie es vermutlich auch wirklich gewesen ist (gefreut wird sie sich haben, die Herzogin, als sie hörte, dass „ihre“ Truppen in Roselies so „gründlich aufgeräumt“ haben), aber es ist wahrhaftig keine schlüssige Beweiskette. So könnte z.B. die Herzogin (posthum) niemals vor Gericht gestellt werden, wenn es denn eins gäbe. Aber auch wenn es hier um kein Gericht geht, sondern um den Rat der Stadt, wird man anders argumentieren müssen.
Eine konkrete Frage: Hat das Braunschweiger Herzogspaar die Errichtung des steinernen EhrenDenkmals in Roselies 1915 persönlich angeordnet und bezahlt?
Oder ist eine Propaganda-Postkarte der einzige Beleg dafür?

Braunschweiger Truppen haben im ersten Weltkrieg Kriegsverbrechen begangen, junge Braunschweiger Männer sind als Soldaten im ersten Weltkrieg im Dienste ihrer Obrigkeit gefallen.
Man sollte die Toten ehren, aber natürlich nicht die Kriegsverbrechen und die Kriegsverbrecher!
Das muss man sauber unterscheiden, wenn das auch nicht einfach ist. An den Grabsteinen ist nicht ablesbar, wer nur Opfer war oder erst Täter und später dann selbst Opfer.
Aber ein Gedenkstein , auf dem nicht der Name eines toten Soldaten steht, sondern der Name einer militärischen Einheit, ist tatsächlich immer höchst verdächtig.
Letzte Änderung: 9 Jahre 9 Monate her von Heiner.

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9 Jahre 9 Monate her - 9 Jahre 9 Monate her #9987 von Rosenbaum
Heiner schrieb:

So könnte z.B. die Herzogin (posthum) niemals vor Gericht gestellt werden, ...
Eine konkrete Frage: Hat das Braunschweiger Herzogspaar die Errichtung des steinernen EhrenDenkmals in Roselies 1915 persönlich angeordnet und bezahlt? [...]


Hallo Heiner,
das Braunschweiger Herzogpaar hat eher durch Symbolik, als durch schriftliche Überlieferungen gewirkt (die Herzogin und Kaisertochter hat ja später nicht mal ihre eigenen Erinnerungen selbst zu Papier gebracht).
Es mag dahin stehen, ob das für ein Nürnberger Kriegsverbrecher Tribunal ausgereicht hätte... sicherlich nicht als "Schreibtischtäter", wohl aber in höchster Verantwortung! Immerhin wurde ja auch - etwas zeitversetzt - in Braunschweig die Mobilmachung am 1. August 2014 angeordnet.

Zum Gedenkstein kann und sollte noch weiter recherchiert werden. Im gestern erschienen Katalog zur ebenfalls gestern eröffneten Landesausstellung "1914 - schrecklich kriegerische Zeiten" ist ein Foto von der Einweihung des Kriegerdenkmals durch Ernst August aus dem Jahr 1915 abgebildet.
Dieses Denkmal soll übrigens in den 50er Jahren von Belgien nach Braunschweig (zurück)geschickt worden sein und sich heute auf dem Hauptfriedhof befinden.

Als Resümee wäre festzuhalten, dass es eine direkte Beteiligung Braunschweiger Verbände an Kriegsverbrechen in Belgien gegeben hat und es 95 Jahre dauerte, bis eine deutsche Regierung das gegenüber Belgien dafür eingestanden ist, wie das im Jahre 2009 in einem Beitrag des Westdeutschen Rundfunks zum Ausdruck kam, den ich hier mal verlinke:

Vor 95 Jahren: Deutscher Einmarsch in Belgien: Erster Weltkrieg beginnt mit Massakern

In der Nacht zum 4. August 1914 überschreiten deutsche Truppen die Grenze zu Belgien. Damit beginnt für das neutrale Königreich der Grand Guerre (Großer Krieg), wie der Erste Weltkrieg von den Belgiern später bezeichnet wird. Deutschland marschiert mit einer Million Mann ein - wohl wissend, dass es damit das Völkerrecht bricht. Ziel ist ein Angriff auf Frankreich, den alten Erbfeind. Bereits 1905 hat Generalfeldmarschall Alfred Graf von Schlieffen den Plan entwickelt: Die deutschen Truppen sollen schnell durch Belgien vorrücken, bevor die Franzosen ihr Truppen nach Norden verlegt haben. Doch entgegen den Erwartungen der deutschen Kriegsplaner leistet die kleine belgische Armee heftigen Widerstand. Die deutschen Verluste sind hoch. Bald kursieren Gerüchte, auch belgische Zivilisten würden als Partisanen aus Hinterhalten schießen. Die Deutschen setzen deshalb ganze Ortschaften in Brand und töten ihre Bewohner.

Doch die angeblich belgischen Kugeln kommen aus den Gewehrläufen der eigenen Kameraden. Die deutschen Truppen rücken oft so schnell vor, dass sie sich gegenseitig beschießen, sagt der irische Historiker Alan Kramer von der Universität von Dublin. "Das nennt man heute Friendly Fire, freundliches Feuer: Unerfahrene Truppen, die in Panik aufeinander schießen, besonders in kritischen Situationen." Für die nun folgenden Exzesse macht Kramer die Ausbildung der Soldaten verantwortlich. Sie basiert auf Erfahrungen im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Damals gab es tatsächlich Freischärler, die sogenannten Franktireurs. "Man könnte von einer regelrechten Franktireur-Psychose sprechen, die sich", so Kramer, "unter den deutschen Truppen ausbreitete." Als die Deutschen beim Einmarsch unter Beschuss geraten, sind die Schuldigen daher schnell gefunden. Selbst Kinder werden bezichtigt, verletzte Soldaten verstümmelt zu haben. Gerüchte von abgeschnittenen Ohren, Fingern und Genitalien machen die Runde. Kaiser Wilhelm behauptet, die Bevölkerung Belgiens habe sich "geradezu teuflisch, um nicht zu sagen viehisch benommen". Die deutsche Presse liefert angebliche Beispiele: "Ein elfjähriges Mädchen hat einen im Haus schlafenden Soldaten mit Stricknadeln beide Augen ausgestochen."

Mit solchen Gruselgeschichten rechtfertigt die deutsche Armee ihre Kriegsverbrechen. Am schlimmsten wüten die Deutschen in Lüttich, Löwen und Dinant. Rund 5.500 belgische Zivilisten sterben in den ersten zehn Wochen des Krieges. Keiner ist ein Franktireur: "Wir haben das sehr eingehend untersucht", sagt Kramer. "Es gibt in zwei oder drei Fällen die Möglichkeit, dass einige belgische Bauern vielleicht mit der Schrotflinte los gegangen sind - die Quellenlage ist äußerst dünn."
Alle Untersuchungen hätten ergeben, "dass da kein realer Hintergrund dahinter steckt." Groß ist die internationale Empörung, als die Massaker bekannt werden. Doch das tun die Deutschen als alliierte Kriegspropaganda ab. Auch nach dem Ersten Weltkrieg behauptet Admiral Alfred von Tirpitz: "Dem Staat Belgien ist durch sein Verhalten Recht geschehen und nicht Unrecht."
Lange halten die Deutschen an der Version fest, sie hätten lediglich Vergeltung für Angriffe aus dem Hinterhalt geübt. Erst im August 2000 entschuldigt sich der deutsche Staat.
Der Staatssekretär des Bundesverteidigungsministeriums, Walter Kolbow, sagt in Belgien: "Ich möchte Sie alle bitten, das von Deutschen in Ihrem Lande damals begangene Unrecht zu vergeben."

Stand: 04.08.09
www1.wdr.de/themen/archiv/stichtag/stichtag4416.html

Letzte Änderung: 9 Jahre 9 Monate her von Rosenbaum.

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9 Jahre 9 Monate her - 9 Jahre 9 Monate her #9988 von bruno
Zur hiesigen Diskussion um das im Jahre 1915 in Belgien errichtete "Helden"-Denkmal kann ich diese Fundstelle aus Wikipedia beisteuern


Ein weiteres Denkmal für das Regiment befindet sich am Rand des Ehrenfriedhofs. Es wurde 1914 von Herzog Ernst August gestiftet.

Es trägt die Inschrift: „Hier ruhen Soldaten des Braunschweigischen I.R.92. Sie starben im großen Kriege für Fürst und Vaterland am 23. August 1914 den Heldentod.“
Es wurde ursprünglich 1915 bei Devant les Bois in Belgien errichtet und am 4. Mai 1958 nach Braunschweig überführt.[22]

de.wikipedia.org/wiki/Braunschweigisches_Infanterie-Regiment_Nr._92


Folgt man der Fußnote [22] bei Wikipedia, dann wird dort erläutert:

Über das Schicksal dieses Ehrenmals berichtet die Inschrift auf der Rückseite: „1915 errichtet bei Devant les Bois in Belgien. Am 4.5.1958 an dieser Stelle wieder aufgebaut und geweiht. Immota fides.“

www.gedenkstaette-friedenskapelle.de/Der_Friedenspfad_-_Stein_18.html


Und eine weitere Frage folgt nun dadurch zwangsläufig:

Wer hat am 4.5.1958 die erneute "Weihe" auf dem Hauptfriedhof in Braunschweig veranlaßt und durchgeführt?
Letzte Änderung: 9 Jahre 9 Monate her von bruno.

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