Liebe Leser,
vielleicht ist dem einen oder anderen wegen der Vielzahl von Einzelinformationen, kleinen und großen Skandalen und den vielen damit verbundenen Emotionen der Gesamtzusammenhang ein wenig aus dem Blickwinkel geraten. Ich möchte das deshalb aus meiner Sicht noch mal zusammenfassen, denn es bahnt sich hier möglicherweise ein ganz großer Skandal an:
--Ein Interessenkonsortium aus Stadt Braunschweig, Volkswagenwerk und Stadt Wolfsburg beantragt die Erweiterung des Flughafens in ein naturschutzrechtlich geschütztes Gebiet hinein.
--Die Stadt Braunschweig liefert 2006 die rechtlichen Vorraussetzungen dazu, indem sie das beeinträchtigte Gelände zum Landschaftsschutzgebiet erklärt (was sich für Arglose ja zunächst schön anhört), nur um die in diesem Status möglichen Eingriffschancen ausschöpfen zu können.
--Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz liefert den Großteil des auszumerzenden Waldes und erklärt sich bereit, die dazu notwendigen forstwirtschaftlichen Maßnahmen wie Fällung der Bäume und Vermarktung des Holzes zu übernehmen.
--Das DLR liefert mit seinem Airbus A 320-200 ATRA das für die Durchsetzung notwendige „öffentliche Interesse“ wegen der Forschungsrelevanz.
--Der Bezirksrat Bienrode- Waggum- Bevenrode liefert 2002 die „Zustimmung der betroffenen Bürger“, indem er mit dem Angebot eines 7 Mio. Euro teueren Tunnels unter der Landebahn hindurch zur Zustimmung geködert wird. Der wird dann aber 2004 verworfen, weil der Kostenrahmen nun „plötzlich“ auf 15 Mio. Euro empor schnellt. Der Bezirksrat stimmt zwar jetzt dagegen, aber mit der neuen Mehrheit unter Bezirksbürgermeister Kliesch zusammen mit Herrn Sehrt wird nun alles blockiert, was das Ausbauvorhaben irgendwie hinterfragen oder beeinträchtigen könnte.
--Die Planfeststellungsbehörde stellt 2007 im Planfeststellungsbeschluss in Abwägung zwischen naturschutzrechtlichen Belangen und öffentlichem Interesse am Ausbau die Rechtmäßigkeit des Ausbaus fest, verbindet zwar den Flughafenausbau „als zwangsweise Einheit untrennbar“ mit der Errichtung einer Ostumfahrung als Ersatz für die zu streichende Grasseler Str., liefert aber dafür im Gegensatz zur Begründung des Ausbauvorhabens nur schlampig und unvollständig Unterlagen ab.
--Das OVG Lüneburg trennt 2009 die „Straßenfrage“ deswegen kurzerhand aus der Planfeststellung ab, genehmigt den Flughafenausbau und untersagt die Ostumfahrung ohne zusätzliche Argumentationen oder Unterlagen der Planfeststellungsbehörde.
Diese tut jedoch bis heute nichts zur Stützung ihres diesbezüglichen Planungsvorhabens, lässt es offensichtlich also fallen. Auch die Presserklärung der Stadt Braunschweig dazu erscheint dabei als Augenauswischerei.
**Nun wird bekannt, dass die Forschungsmaschine ATRA dem DLR wegen der Verweigerung der entsprechenden Umrüstung wohl gar nicht hier in Braunschweig gemäß der Beantragung zur Verfügung stehen wird, die Hauptbegründung für die Planfeststellung und das Gerichtsurteil also entfallen ist oder –schlimmer noch- wissentlich in Falschaussage des DLR in Wahrheit niemals vorlag.
**Weiterhin wird berichtet, dass die Schnellecke Group an der Errichtung eines Frachtzentrums am Flughafen seit längerer Zeit interessiert ist. Eine Zunahme des Flugverkehrs ist also zwar wohl nicht im Hinblick auf Touristikverkehr, aber durch Frachtverkehr sehr wahrscheinlich.
Wenn heute noch behauptet wird, der Flughafenausbau läge einerseits im öffentlichen Interesse - wo er doch offensichtlich eigentlich nur privatwirtschaftliche Interessenten bedienen wird-, andererseits sei er juristisch bis ganz nach oben abgesichert - wobei das wohl unter Vorspiegelung falscher Behauptungen erfolgte- und letztlich praktisch bereits vollzogen sei durch die bisherigen Baumfällungen, so kann man die kritische Öffentlichkeit nur weiter ermuntern:
„Bleibt dran! Macht weiter! Ermittelt, dokumentiert! Lasst Euch das nicht gefallen!“
Zusammenfassend muss man sagen, dass das Verfahren im Zusammenwirken eines unglaublichen Filzes von interessierten Politikern und Wirtschaftsführern unter Behauptung falscher Tatsachen durchgesetzt wurde und unter diesen Umständen von den bisherigen Gerichten gut geheißen wurde. Wie sollte das auch noch mit öffentlichen Fördergeldern unterstützt werden?
Die Namen sind:
Dr. Gert Hoffmann, Oberbürgermeister in Braunschweig, damit auch Anteilseigner an der Flughafengesellschaft und zugleich auch Präsident der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz,
Götz-Rüdiger Kliesch, Bezirksbürgermeister (Stadtbezirk 112) und Ratsherr der Stadt BS und Mitglied im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft,
Carsten Lehmann, Erster Stadtrat der Stadt Braunschweig und Mitglied im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft,
Klaus Winter, Mitglied im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft und früherer Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt BS,
Wolfgang Sehrt, Bezirksratsmitglied (Stadtbezirk 112) und Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt BS,
Rolf Schnellecke, Oberbürgermeister in Wolfsburg und damit Anteilseigner an der Flughafengesellschaft, Inhaber der Schnellecke Group,
Christian Wulff, Ministerpräsident in Niedersachsen, damit Aufsichtsbehörde für die Planfeststellungsbehörde und auch Anteilseigner bei Volkswagen.