Bezirksratssitzung 02.02.2010, 19:00h in Bienrode
Anwesend waren: der Bezirksrat komplett (5x CDU, 3x SPD, 1x parteilos) sowie ca. 80 interessierte Bürger.
Abgelehnt wurden mit CDU- Mehrheit ein Antrag der SPD auf „Baustopp Flughafenausbau bis zur weiteren Klärung“ sowie ein Antrag der parteilosen Fr. Dr. Blass, die Verwaltung aufzufordern, die Grasseler Str. erst dann zu schließen, wenn eine Straßenalternative steht. Angenommen wurde ein Antrag der CDU (mit eigener Mehrheit), die Verwaltung zu bitten, „zeitnah“ mit der Schließung der Grasseler Str. ein Wegekonzept bereit zu stellen.
Anschließend fand eine lebhafte Bürgerfragestunde statt, die dem Bezirksrat jedoch offensichtlich keine neuen Erkenntnisse oder irgendeinen weiteren Handlungsbedarf brachte, bis auf die Tatsache, dass er von der Planung eines Rückhaltebeckens bei Bienrode durch die Stadt Braunschweig (die möglicherweise mit der eventuell schon geplanten „Bienroder Spange“- immerhin wäre das eine Entlastung für Bienrode!- in Verbindung steht) nicht unterrichtet war. Auf die wiederholten Vorwürfe, dass der Bezirksrat im gesamten Flughafenausbau-Verfahren bis heute mehr die Interessen der Wirtschaft als die der Bürger ihres Bezirks –die Ihnen das Mandat erteilt haben- vertreten habe, entgegneten Herr Kliesch und Herr Sehrt mehrmals, dass sie in der Vertretung der Wirtschafts- und Bürgerinteressen keine nicht zu überbrückenden Gegensätze sähen, bzw. dass die Möglichkeiten der Einflussnahme des Bezirksrates eh sehr gering seien.
Eingestanden wurde, dass das Planfeststellungsverfahren in der Darstellung der Straßenalternativen so schlampig durchgeführt wurde (unzureichende Daten zu Verkehr, Lärm, ÖPNV und Schülerzahlen in Richtung Querum/ Volkmarode!), dass das OVG Lüneburg diesen Teil abtrennte und die Durchführung „derzeit“ untersagte. Der Vorwurf, dass die Planfeststellungsbehörde bis heute keinerlei Untersuchungen oder Erhebungen dazu nachgereicht habe, um das abzuändern, wurde mit der Begründung abgewiesen, dass das ja nun mal nicht in die Kompetenz des Bezirksrates falle.
Man nimmt also bewusst in Kauf, dass der Flughafenausbau auf jeden Fall stattfinden soll auch wenn eine Verkehrslösung noch nicht erreicht ist, der Hauptverkehr also ( zunächst für ein paar Jahre oder aber für immer) durch Waggum und Bienrode fließen wird.
Die provokative Frage eines Bürgers am Ende: „Wann sind denn eigentlich wieder Wahlen zum Bezirksrat?“ traf meiner Meinung nach den Kern des ganzen Problems.
Es ist doch die Frage, warum denn in diesem in höchstem Maß betroffenen Bezirksrat eine gewählte Mehrheit, die nicht überstimmt werden kann, sich ständig größere Einschränkungen in der Lebensqualität ihrer Bürger gefallen lässt im Interesse des Flughafenausbaus, der für sich genau informierende Menschen zugleich immer fragwürdiger wird. Wo Entscheidungen offenbar durch Fraktionszwänge im Rat der Stadt und auch wirtschaftliche Verflechtungen (Kliesch als Aufsichtsratsmitglied der Flughafengesellschaft) diktiert werden und nicht durch das Gefühl, artikulierte Interessen der Bezirkseinwohner vertreten zu sollen.
Bei der letzten Kommunalwahl und auch bei denen davor ist es weder den Grünen noch der BIBS gelungen, eigene Kandidaten oder gar Listen hier im Bezirk aufzustellen. Man konnte also nur CDU, SPD oder FDP oder gar nicht wählen. So blieb der Teil der Bürger, die den Flughafenausbau kritisch begleiteten, quasi vom Bezirksrat ausgeschlossen.
Insofern darf man sich also nicht wundern.
Im Internet kann man sich übrigens bei „Stadt Braunschweig“ eine Verkehrsmengenkarte herunterladen, die allerdings nur auf einer Simulation von 2007 beruht. Eine konkrete Verkehrszählung hat es bei uns im Bezirk meines Wissens seit dem nicht gegeben. Nicht mal das!
Danach muss man bei einer ersatzlosen Schließung der Grasseler Str., ohne Berücksichtigung von sich verlagerndem Ausweichverkehr (von Essenrode über Wendhausen, von Grassel über Abbesbüttel oder Bevenrode, Bechtsbütteler Str. zur Westtangente und von Bevenrode über Bechtsbütteler Str. zur Westtangente), von einer Zunahme der täglichen KFZ- Mengen (beide Richtungen zusammengezählt) ausgehen :
In Waggum -- Feuerbrunnen/ Nord-LB von bisher 2300 auf 6100 Fahrzeuge
In Bienrode -- Altmarkstr. von bisher 9600 auf 16000 Fahrzeuge.
Das wird in Stoßzeiten ein bisher nicht vorstellbares Verkehrschaos geben, Eingriffe in den Straßenverkehr erfordern (z.B. absolutes Halteverbot an den betroffenen Straßen – Am Meerbusch und Bechtsbütteler Str. in Bevenrode, Rabenrodestr. und Bienroder Str. in Waggum und Waggumer Str. und Altmarkstr. in Bienrode ) und trotzdem Unfälle und womöglich Verletzte und Todesfälle erzeugen. Dabei werden es ca. 4 Millionen Umwegkilometer pro Jahr sein, deren Kosten (die mit dem nicht gebauten Tunnel gespart werden), dann einfach den Bürgern individuell auferlegt werden.
Die CDU-Mehrheit im Bezirksrat hält das aber offenbar für akzeptabel in Abwägung mit den Interessen von DLR und VW.
Man kann sich bei alledem nur fragen:
hat sich in Braunschweig eine Bevölkerung jemals eine schlechtere Vertretung ihrer Interessen in Gestalt eines solchen Bezirksrats gewählt?
Oder:
Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber!
Heiner Waßmuß, Ortsheimatpfleger in Bevenrode